Der vorliegende Text möchte Erkenntnisphilosophie erklären und Studierende,
Lehrende und Interessierte dazu anregen, sich mit der Bedeutung der Erfassung
der Wirklichkeit durch den menschlichen Geist und der Frage, wie und warum das
geschieht – epistemologisch und existentiell – zu beschäftigen.
Wie die Geschichte der Philosophie zeigt, gibt es zu jeder Epoche Philosophen, die daran festhalten, die Wahrheit um der Wahrheit willen erkennen zu können und zu wollen. Im Licht der Wahrheit steckt für diese Autoren auch die Erkenntnis, anderen die Wahrheit lehren zu können, zu sollen und aufzuzeigen, wie jeder in Freiheit und angezogen durch das Gute zu wahren Erkenntnissen gelangt.
In der Einleitung werden die Einsichten über das menschliche Erkennen, die seit den Anfängen der Philosophie bei den Griechen gewonnen und bis heute weitergegeben wurden, systematisch dargestellt. Weitere Themen sind das Erkennen; die Erkenntniskritik der sinnlichen Wahrnehmung; die Erkenntnis materieller Dinge; Selbst- und Fremderkenntnis; die Wahrheit; Evidenz, sowie die Frage der Person angesichts der Erkenntnis der Wahrheit.
Man soll im Licht der Vernunft, das in der Geschichte immer heller wird, nachvollziehbar in die Zusammenhänge des menschlichen Erkennens vordringen und auch lernen können, zu weiterführenden Wahrheiten im Bereich der Erkenntnisphilosophie beizutragen. In einem Abschnitt über das menschliche Denken finden sich grundlegende Argumente zur künstlichen Intelligenz (KI).
Die Erkenntnisphilosophie dient seit dem Anbeginn des Philosophierens dazu,
Irrtümer über die Wirklichkeit, inner- oder außerhalb der sichtbaren Welt,
auszuräumen. Philosophen eröffnen den Menschen neue Horizonte des Erkennens:
Parmenides mit der Festlegung des Untersuchungsgegenstandes der Philosophie auf
das Sein; Aristoteles dringt in das Sein über die sinnliche Wahrnehmung der
wirklich Seienden ein und sagt Grundlegendes zum Verständnis der Erkenntnis als
in Akt befindliche, aktuelle Tätigkeit des menschlichen Geistes in
untrennbarer Verbindung mit der Wahrnehmung der äußeren Dingwelt.
Platon fragt sich nach
dem Ursprung des Seins im Geist, aus einer höchsten Idee des Guten stammend;
Augustinus bringt feinsinnige Analysen der geistigen Seele des Menschen, die
jede Wirklichkeit erkennt; Thomas von Aquin bringt eine weitere Elaboration der
aristotelischen Theorie des intellectus agens und dessen Verbindung mit dem Erkennen
Gottes im Sinne der christlichen Offenbarung; Descartes befreit das Erkennen
der geschaffenen Dinge aus einer religiösen Überfrachtung und legt die
Grundlage für die Erkenntnis der Naturgesetze in legitimer Autonomie aller
Geschaffenen; für Kant beginnt und endet die Erkenntnis der Dinge der Welt in
der menschlichen Vernunft, sei sie spekulativ oder praktisch; Hegel mit seinem
unendlichen Vertrauen in das menschliche Denken schreibt ihm sogar die Triebkraft
für das Werden jeder Wirklichkeit zu; Husserl und der Göttinger Schülerkreis
mit A. Reinach, E. Stein, H. Conrad-Martius eröffnen eine neue
Bewusstseinsphilosophie auf der Grundlage äußerer Seiender, die unabhängig von
menschlichem Geist und menschlicher Erkenntnis existieren, aber dieser nicht
unzugänglich sind; L. Wittgenstein bahnt Wege, die Wirklichkeit dem
menschlichen Erkennen aus dem sprachlichen Ausdruck zu erschließen.